Woran arbeitest du gerade?
Puh, an tausend Sachen. Demnächst erscheint das Kinderbuch „Die gestiefelte Katze“, eine Neuadaption des Märchens als Begleitung für ein Musiktheaterstück. Ich habe sehr viel für einen Ökopark in der Steiermark illustriert. Da kommt ein Übersichtsplan für Kinder raus, Badges für Bademäntel oder Tiere in Jogaposen, um das ganze Design aufzufrischen. Im Sommer male ich auch wieder Wände.
Hast du mit Wänden begonnen?
Ja, mit Graffitis in Klagenfurt vor – lass mich kurz nachdenken, boa – genau 20 Jahren. Damals war ich Sechszehn. Es hat vier legale Wände gegeben, die man bespielen konnte. Angefangen habe ich mit sprühen, das hat Riesenspaß gemacht. Gemalt habe ich schon als Kind und ich wusste schon sehr früh, dass ich Künstlerin werden möchte. Als ich dann mit den Graffitis begonnen habe, war mir klar, dass ich das machen möchte. Ich habe dann auch schnell Aufträge bekommen, habe Garagen oder Bars angemalt und damit Geld verdient. Das war für mich als Jugendliche natürlich super cool.
Wie war die Szene damals?
Überschaubar. Ich habe recht rasch mit der Stadt Klagenfurt zusammengearbeitet und die Graffiti Days organisiert. Da habe ich fast alle aus Österreich kennengelernt. Mit mir waren da nur drei Frauen dabei. Zu Beginn habe ich ziemlich hässliches Zeugs gemacht – so comicartige Figuren, komische Maxln. Jeder hatte seinen Character, bei mir war es der Koala-Bär. Aber fast alle haben gedacht, das sei ein Fernseher. Figuren waren mir immer wichtig, Schriftzüge konnte ich nie besonders gut. Umso besser meine Skills wurden, desto erwachsener sind auch meine Figuren geworden. Die haben sich mit mir entwickelt.
Sechsmal habe ich mich beworben – und sechsmal wurde ich abgelehnt!
Bist du dann nach Wien an die Akademie für angewandte oder bildende Kunst?
Das wollte ich. Sechsmal habe ich mich beworben – und sechsmal wurde ich abgelehnt! Das war ziemlich frustrierend. Ich habe mich dann selbstständig gemacht und einfach meine Arbeiten verfolgt. Heute finde ich es gut, wie es damals gekommen ist. Weil ich mich nicht auf der Uni ausruhen konnte und ständig gepusht und Ausstellungen organisiert habe. Das hat ganz gut funktioniert und ich konnte mich als Illustratorin etablieren. Heute fragen mich manchmal Jüngere, wie ich schaffe, als Künstlerin immer wieder unterschiedliche Projekte umsetzen zu können. Das ist super, das stimmt. Aber es hat auch 20 Jahre an Aufbauarbeit gebraucht.
War dir bald klar, dass sich das als Beruf ausgehen kann?
Ich habe meine künstlerische Arbeit tatsächlich bald als Beruf definiert. Ich komme aus einer Familie, die nie Geld hatte. Mein Vater war Theaterschauspieler, was in Klagenfurt nicht der lukrativste Job ist. Daher bin ich mit wenig gut zu recht gekommen und das hat mir in der Anfangsphase schon geholfen. Ich habe mir immer wieder gesagt: Das geht schon, das geht schon...bis es funktioniert hat. Aber natürlich zweifle ich auch immer wieder mal. Aber ich muss mir keine Gedanken mehr über die Miete machen. Früher war das immer so ein Ding: die Miete, die Miete! Heute habe ich zwei Kinder. Da bin ich natürlich froh, dass ich nicht mehr am Anfang stehe.
Wie gehst du deine Arbeiten an?
Meistens fange ich schnell an und es kommt frei raus. Ich mache nicht zu viel Recherche, weil ich mich da auch schnell beeinflussen lasse von den Arbeiten anderer. Ich isoliere mich eher, gehe vielleicht mal spazieren. Wenn mir gar nichts einfällt, schmökere ich gerne in alten Modezeitschriften aus den 1950ern oder 1960ern wie den Harper’s Bazaar. Da reicht dann oft eine Pose oder eine Handhaltung, die ich sehe und ich denke mir: aha!
Weißt du, wann du fertig bist?
Ja, schon. Ich bin niemand, die nie fertig ist. Ich bin auch ungeduldig. Ich muss das abschließen und sagen: Ja, passt, ist fertig. Ich mache nicht unendlich viele Details, sondern eher simple und naive Sachen. Wenn man nicht aufhört, ist das Naive weg.
Der kolumbianische Maler Botero zum Beispiel macht so dicke Menschen, dicke Köpfe mit ganz kleinen Gesichtern. Wenn ich das sehe, bin ich glücklich. So will ich meine Sachen auch machen.
Woher kommt das Naive in deinen Figuren?
Kindlich-naive Sachen haben mich immer fasziniert. Das fängt beim Gewand an. Ich würde am liebsten Kindergewand anziehen. Die Schnitte und die Farben sind viel cooler als bei Erwachsenen. Ich bin heute bei einem Kindergeschäft vorbeispaziert und habe eine Frotteehose in Knallgrün gesehen. Super! So etwas gibt es für Erwachsene gar nicht. Normalerweise sind meine Figuren und Farben leise. Ich mag es auch nicht ganz so ernst. Der kolumbianische Maler Botero zum Beispiel macht so dicke Menschen, dicke Köpfe mit ganz kleinen Gesichtern. Wenn ich das sehe, bin ich glücklich. So will ich meine Sachen auch machen. Ich will, dass man ein gutes Gefühl hat, wenn man es ansieht und schmunzeln muss. Ein leicht dümmliches Schmunzeln. Leute sollen das Kindliche sehen, auch in sich selbst.
Woher kommt der Künstlername Frau Isa?
Isa, also Isabella, ist mein Vorname und ich habe mal mit einem Freund in einer WG gewohnt, für den war ich ein bisschen wie seine Gouvernante. Ich habe da immer zusammengeräumt, gekocht und aufgepasst auf ihn. Irgendwann hat er dann immer zu mir gesagt: Ja, Frau Isa. Sicher, Frau Isa. Ja, Frau Isa. Das ist hängengeblieben. Ich hin auch ein bisschen eine Oma. Früher war mein Graffiti-Name Joy. Aber ich wollte nirgends hingehen und sagen: Hallo, ich bin die Joy. Da hätte ich mich innerlich angespieben. Ich möchte auch mit meinem Gesicht und mit meinem Namen zu meiner Arbeit stehen. Daher bin ich die Frau Isa.
Spielt es für dich eine Rolle, dass du eine Frau in einem männerdominierten Umfeld bist?
Ja, schon. Einerseits ist das für mich positiv, da es nicht so viele Frauen in diesem Beruf gibt und ich von Festivals oder Kultureinrichtungen speziell als Frau eingeladen werde, um eine Wand zu malen oder ähnliches. Als ich angefangen habe, war das auf der anderen Seite auch nicht immer so cool. In Klagenfurt wurde mir als einzige Frau öfters mitgeteilt, dass ich da nix verloren hätte, meine Wände wurden schnell übermalt oder mit „Hure“ beschmiert. Meine Arbeiten und Figuren sind meistens positiv, ich selbst bin auch selten schlecht drauf. Diese positive Art hat vielen nicht gepasst. Da waren viele Anti. Anti-System, Anti-Gesellschaft, Anti das. Und ich war die Fröhliche, die mit der Stadt zusammenarbeitet und mit den Passanten redet. Da waren viele Egos im Spiel.
In deiner Crew bist du die einzige Frau?
Ja, unsere Crew heißt „The Weird“. Wir sind neun Männer und ich – alles Characterzeichner. „Nychos“ und „Rookie“ sind da zum Beispiel auch dabei. Wir waren damals so um die 30 Jahre alt als wir „The Weird“ gegründet haben; eigentlich recht alt für eine Crew. Aber es hat immer super funktioniert, obwohl die Zusammenarbeit von so vielen Leuten immer Reibungspotenzial hat. Das war wie eine Arbeitsfamilie, die zusammen ein Bild macht. Mittlerweile haben aber die meisten Kinder und wir sehen uns nicht mehr oft.
Meine Arbeiten und Figuren sind meistens positiv, ich selbst bin auch selten schlecht drauf. Diese positive Art hat vielen nicht gepasst.
Für den Stil-Laden hast du vor ein paar Jahren ein Skatedeck designt. Wie war das?
Das hat mir sehr getaugt und wollte ich schon immer mal machen. Mit dem kleinen Format tue ich mir gar nicht schwer, ich habe auch für die Post eine Briefmarke gemacht. Was mir gefällt, ist, dass mein Design woanders wieder auftaucht. In der U-Bahn habe ich einmal einen Skater mit einem Board von mir gesehen. Da musste ich schmunzeln. Dass sich das Design beim Skaten abnützt, ist beim Graffiti auch der Fall. Da wird die Wand abgerissen, sie bröckelt oder es sprüht jemand rein. Das finde ich sehr spannend.
Was hat sich in Wien in Sachen Graffiti und Murals in den letzten Jahren getan?
Einiges. Meine erste Wand habe ich im Jahr 2014 gemacht und es hat zwei Jahre gedauert, bis wir die Genehmigung hatten. Das war in der Kaiserstraße, meine erste große Wand…
Klingt fast wie die erste große Liebe?
Ja, voll. Das hat schon Ähnlichkeiten, die gleichen Gefühle. Sie ist schon noch da, aber doch verblasst. Und irgendjemand postet immer wieder mal eine Story, durch die man an sie erinnert wird. Allgemein verstehen die Leute heute besser, was wir da tun, wenn wir Murals machen. Es ist leichter geworden, von jedem Wohnungseigentümer das Einverständnis zu bekommen. Manche sehen die Murals mittlerweile auch als Wertsteigerung für ihre Häuser. Was sich auch verändert hat, ist, dass es gibt immer mehr Frauen in der Szene gibt - zum Beispiel die Rip Off Crew. Die macht wirklich schöne Sachen. Super ist das!
Website: www.frau-isa.com
Fotos: Sebastian Weissinger